Der Wilde-Mändle-Tanz

Wilde Mändle vor Schneck (Trachtenverein Oberstdorf, 2008)
Wilde Mändle vor Schneck (Trachtenverein Oberstdorf, 2008)
Herbert Gruber

Zu den bekanntesten Sagenfiguren im Allgäu gehören die sogenannten "Wilden Mändle". In Reisers Sagensammlung sind es alleine ca. 20 Seiten, die sich außschließlich mit diesen Figuren beschäftigen.
Im Mittelalter gehören sie zum Leben der Menschen und sie tauchen nicht nur in vielen Geschichten, sondern ganz besonders in verschiedensten Darstellungen (Figuren, Bildern in Büchern und auf Wandteppichen) auf. "Im Sachwörterbuch für Mediävistik und im Lexikon des Mittelalters findet man eine äußerst interessante Definition: "Es handelt sich um im Wald lebende, primitive Menschen, die am ganzen Leib behaart sind und meist mit Keulen bewaffnet sind. Auch Kannibalismus wird ihnen nachgesagt. Es ist hier durchaus möglich, dass die Vorstellung von germanischen Walddämonen mit jener antiken Satyrn verschmilzt. In anderen Überlieferungen werden auch „Wilde Leute“, „Wilde Männer“ als den Menschen freundlich gesinnt dargestellt. Es soll auch zu Verbindungen gekommen sein, aus denen sich Nachwuchs entwickelte. Diese Nachkommen nannte man „Wechselbalg“. "1)
Sie haben in unserem Gebiet die Rolle der Zwerge und Heinzelmännchen übernommen, die als Sagengestalten bei uns fast gar nicht vorkommen. In vielen Geschichten können wir lesen, dass sie den Menschen selbstlos halfen, dann aber nach einem gewissen Ereignis (neue Kleider, Nennung des richtigen Namens usw.) verschwanden. Nicht nur meines Erachtens könnte man in ihnen eine Erinnerung an die Reste der rätoromanischen Bevölkerung sehen, welche die Alemannen antrafen, als sie in unserem Gebiet angesiedelt wurden.
Bei uns in Oberstdorf gehören sie nicht nur zum Sagenschatz unserer Vorfahren, sondern auch zum Kulturgut des Ortes. Seit mindestens 200 Jahren wird nämlich in Oberstdorf der Wilde-Mändles-Tanz in größeren und kleineren Zeitabständen aufgeführt. Heute werden nur Männer, deren Familien seit vielen Generationen in Oberstdorf wohnhaft sind, als Tänzer zugelassen. Sie tragen ein Kostüm, das vollständig aus Tannenbart, einer Baumflechte, gefertigt wurde. Lassen sie sich diesen Kulttanz nicht entgehen, wenn er im Jahr 2015 wieder einmal aufgeführt wird.
Anmerkungen:
1) Aus einer Zusammenfassung des Vortrages von Hans-Jörg Vogel zum Thema: Kryptozoologie in Deutschland - Am Beispiel des Themas „Wilder Mann“

Tanz zweier wilder Männer mit einer Frau
Tanz zweier wilder Männer mit einer Frau
gemeinfrei (Hoffotograf Teufel)
Wildleuteteppich aus dem 15. Jahrhundert
Wildleuteteppich aus dem 15. Jahrhundert
gemeinfrei
Wilde Mändle bei Auftritt um 1920
Wilde Mändle bei Auftritt um 1920
gemeinfrei, Archiv Alex Rößle
Wilde Mändle bei Auftritt um 1930
Wilde Mändle bei Auftritt um 1930
gemeinfrei (Archiv Peter Traskalik)
Wildes Mändle im Oytal (Trachtenverein Oberstdorf, 2008)
Wildes Mändle im Oytal (Trachtenverein Oberstdorf, 2008)
Herbert Gruber