Pavlo Skoropadsky - Hetmann der Ukraine (1873-1945)
Im Oberstdorfer Waldfriedhof finden wir ein schlichtes Grab, das von einer ukrainischen Flagge geziert wird, in dem eine Familie Skoropadsky ihre letzte Ruhestätte fand. Auch der Familienname Skoropadsky deutet darauf hin, dass hier eine Familie aus Osteuropa zur Ruhe gebettet wurde. Wer war diese Familie und was hatte sie mit Oberstdorf zu tun?
Die mit einem Nansenpass ausgestattete Alexandra Skoropadsky zogzusammen mit ihrem damals 45-jährigem Sohn Peter, der an epileptischen Anfällen litt, am 25. September 1944 aus Berlin nach Oberstdorf. Wahrscheinlich waren die Lebensumstände bedingt durch den Krieg in der Hauptstadt schon zu diesem Zeitpunkt kaum mehr ertragbar und die anrückende Rote Armee bedeute besonders für eine russische Adelsfamilie höchste Lebensgefahr. Oberstdorf war da weit genug weg und außerdem lebte dort die befreundete exilrussische Familie Mordvinoff, bei der sie erst einmal unterkamen.
Alexandra Skoropadsky wurde am 23.Oktober 1878 in St. Petersburg geboren. Ihre Eltern waren General Peter Durnowo, einer der reichsten und vornehmsten Männer am Zarenhof, und Prinzessin Kotschubey Maria. Die Familie wohnte in St. Petersburg auf der Wassilewsky-Halbinsel in einem großen Landhaus mit einem riesigen Park.
Am 11. Januar 1898 heiratete sie Pavlo Skoropadsky, der damals eine kosakische Kompanie befehligte. Später wurde er unter anderem unter Zar Nikolaus II Flügeladjutant. Er entstammte einer einflussreichen, kosakischen Adelsfamilie aus der Ukraine und wurde am 3. Mai 1873 in Wiesbaden geboren.
Seine Zeit war gekommen, als Deutschland und Österreich 1818 die Ukraine besetzten und am 29. April eine ihnen genehme Regierung installierten. Als Staatsoberhaupt fanden sie in Pavlo Skoropadsky einen treuen Gefolgsmann. Diesen Posten nannte man der kosakischen Tradition entsprechend "Hetmann der Ukraine". Als sich die deutschen Truppen ein halbes Jahr später aus Kiew zurückzogen, wurde die Marionettenregierung durch einen Aufstand hinweggefegt und Skoropadsky flüchtete nach kurzer Zeit im Untergrund nach Weimar in Deutschland. Über seine Familie erfahren wir aus dieser Zeit wenig.
Aus den Unterlagen des Einwohnermeldeamtes geht hervor, dass Alexandra Skoropadsky von 1918 bis 1921 in Lausanne in der Schweiz lebte und anschließend nach Berlin-Wannsee zog. Dort baute Skoropadsky in der Weimarer Zeit eine royal gesinnte Exilbewegung auf. Ziel war es die Kommunisten wieder zur vertreiben und seine Hetmanschaft zu erneuern. Aus alten zaristischen Zeiten fand er im damaligen Europe doch einige Gefolgsleute und wurde darüber hinaus vom Deutsche Staat und zusätzlich auch von Reichspräsident Hindenburg selbst durch großzügige Apanagen finanziell abgesichert. Anfangs besaß er auch gute Kontakte zu den Nationalsozialisten, fiel jedoch in Ungnade, als Hitler mit Stalin paktierte.
Als die Russen der Hauptstadt Berlin immer näher rückten, schickte er 1944 zuerst seine Familie ins sichere Oberstdorf und folgte ihnen dann im April 1945. Beim niederbayrischen Plattling wurde der Zug jedoch bombardiert und Pavlo Skoropadsky schwer verletzt. Am 26. April 1945 verstarb er im Spital des Klosters Metten. Sein Leichnam wurde anschließend auf dem Oberstdorfer Waldfriedhof beigesetzt. Zur Erinnerung an seine Regierungszeit ziert die ukrainische Flagge mit dem Hetmanszeichen die Grabstätte.
Seine Sohn Danylo Skoropadskyi, der am 13. Februar 1904 in St. Petersburg, auf die Welt kam und 1939 nach England übersiedelte, stellte sich von an die Spitze der royal gesinnten Hetmansbewegung.
Er verstarb jedoch am 23. Februar 1957 - eine Woche nach seiner Hochzeit - auf tragische Weise an einem Giftanschlag, der dem KGB zugeschrieben wurde.
Nach Kriegsende zogen auch die anderen beiden Töchter Maria (1898-1959, verheiratete Montrésor) und Yelyzaveta (1899-1975, verheiratete Kuzhym) nach Oberstdorf. Wahrscheinlich war die Wohnung im Hethaus deshalb zu eng geworden und man wechselte im September 1945 aus dem Hammerspitzweg in das Haus der Familie Huber in der Metzgerstr. 6.
Am 29. Dezember 1951 verstarb Alexandra Skoropadsky und wurde an der Seite ihres Gatten bestattet. Sohn Peter folgte ihr 1956 und Tochter Maria 1959 nach. Wie auf den Grabplatten zu lesen ist, wurde es anschließend auch die letzte Ruhestätte des Ehepaars Kuzhym. Das jüngste Familienmitglied, die am 5.Juli 1919 in Berlin geborene Olena, lebte zuletzt in Wilen in der Schweiz und war in zweiter Ehe mit Ludwig Ott verheiratet. Sie verstarb vor wenigen Wochen am 4. August 2014.
Anmerkung:
Bis auf die Auskünfte des Einwohnermeldeamtes (Vielen Dank!) und den Daten auf dem Grab, musste ich alle weiteren Informationen dem Internet entnehmen.
Bilder:
1) Grab der Familie Skoropadsky auf dem Oberstdorf Waldfriedhof
2) Pawlov Skoropadsky mit Kaiser Wilhelm II
3) Familie Skoropadsky Anfang der 20er-Jahre
4) Portrait Pawlov Skoropadsky, gezeichnet von Olga Mordvinoff