Schrofenpass (1688 m, Rappenalp-Gruppe)

Durch die Schrofen des Gehrner Berges führt der Schrofenpass
Durch die Schrofen des Gehrner Berges führt der Schrofenpass
AR

Wie der Name sagt ist das eigentlich kein Berg, aber wo sollte ich ihn sonst unterbringen?

Exkursion: Alte Wege hinüber zum Tannberg

Am südlichsten Ende des Rappenalptales liegt im Osten der Speicherhütte (Alpe Haldenwang) der Rücken des Gehrner Berges. Die nach Westen abfallenden Felswände werden "Schrofen" genannt. In diese Felswand geschlagen zieht der Schrofenpass als schmaler Steig hinauf in die Schneide zwischen dem Gehrner Berg (1935 m) und dem Grüner (1911 m). Der Passübergang (1688 m) ist auch die Grenze nach Tirol und der Wanderweg führt von hier hinunter zum Holzgauer Haus in Lechleiten.

Die Walser im Tannberg

Dies war schon seit Beginn des 14. Jahrhunderts so, als die Walser im Tannberg, damals zählte auch das kleine Walsertal dazu, in das den Rettenbergern gehörige Gebiet einwanderten. Im Jahr 1453 brachte Sigismund von Tirol den Tannberg durch Waffengewalt in seinem Besitz, das zu diesem Zeitpunkt schon den Heimenhofern gehörte. Da jedoch die Pfade ins Inntal und ins Bodenseegebiet zu beschwerlich waren, blieb Oberstdorf insbesondere nach der Markterhebung 1495 der bevorzugte Einkaufsort der Tannberger. Der Tannberg wurde übrigens erst um 1900 von Straßen (Flexenpass zum Arlberg und Lechtalstraße) erschlossen. Ins Bodenseegebiet wurde die Straßenanbindung (Hochtannbergpass) sogar erst 1954 erstellt. Bis dahin musste alles auf Säumerpfaden in die abgelegene Region heraufgebracht werden. Das führte u.a. im 19. Jahrhundert zu einem starken Rückgang der Bevölkerung. Ortschaften wie Hochkrumbach wurden zeitweise sogar ganz aufgegeben. Erst der einsetzende Wintertourismus brachte eine wirtschaftliche Erholung.

Vorarlbergkarte 1622

In dieser Karte, die im Buch "Alpbücher im Kleinen Walsertal" zum Teil abgebildet ist, wird der Weg von Oberstdorf über den Salzbichel nach Warth genauso abgebildet, wie alle anderen Wege rund um Oberstdorf. Interessant ist, dass dort, wo man den heutigen Schrofenpass vermuten kann, ein Seitenarm mit dem Namen "Neuweg" eingetragen ist. Er endet jedoch ohne weiteren Anschluss an der Grenze am Haldenwanger Eck. Es fragt sich natürlich, ob der Bau des Schrofenpasses eventuell doch früher erfolgt ist.

Bau des Schrofenpasses 1795

Auf jeden Fall bauten im Jahre 1795 die Tannberger, das sind die walserischen Bewohner der Ortschaften Lechleiten, Lech, Warth und Schröcken, den Schrofenpass für 2900 Gulden zu einem auch für Säumer und Vieh gut begehbaren Weg mit einer Brustwehr aus. Er war 6 Schuh (ca. 1,80 m) breit. Dies verkürzte auf der einen Seite den beschwerlichen Weg nach Oberstdorf und andererseits war die Passhöhe gut 100 Höhenmeter niedriger als der bisher genutzten Übergang über den Salzbichel und 200 Höhenmeter niedriger als die Alternative über das Haldenwanger Eck. Zu diesem Zeitpunkt war der beschwerliche Fußmarsch nach Oberstdorf für die Bewohner dieses abgeschiedenen Gebietes der kürzeste Weg zu einem Ort mit Markt. Hier konnten sie einerseits ihre Waren verkaufen und andererseits wichtige Produkte einkaufen.

Weiter Entwicklung des Passes

Der kürzeste Handelsweg ins Flachland über den Schrofenpass war sogar so stark genutzt, dass in Warth 1838 eine eigene Zollstation für 8 Zöllner eingerichtet wurde. Cammerer beschreibt den Pass in seinem Buch über die Naturwunder Bayerns 1832: „Dieser Weg ist schauererregend; denn er ist nicht nur sehr eng, sondern er steigt auch nach und nach zu einer bedeutenden Höhe hinan, und leitet an einem fürchterlichen Abgrunde vorbei, der allein durch eine niedrige Mauer etwas verwahrt ist.“  Laut Stützle (1848) soll die Brustwehr aber schon 1804 von französischen Soldaten aus Übermut zerstört worden sein. Wer hat nun recht? Noch auf dem alten Weg über den Salzbichel wurden im 19. Jahrhundert jeden Herbst nach dem Viehmarkt in Sonthofen riesige Rinderherden in Richtung Süden ins "Welschland" (Italien) getrieben. Das ersparte u.a. die hohen Zölle auf der Illerbrücke nach Immenstadt.

Niedergang

Als dann zu Beginn des 20 Jahrhunderts der Tannberg über Straßen erreichbar war, nahm natürlich der Handel über den Schrofenpass merklich ab und nur noch wenige "Schwärzger" (Schmuggler) nutzten den Übergang, der deshalb auch in der Folge immer weiter verfiel und nur sporadisch notdürftig gerichtet wurde. Den traurigen Höhepunkt der Zerstörungen am Pass waren wohl Sprengungen, welche laut Anton Köcheler in Birgsau stationierte SS-Einheiten an Kriegsende 1945 durchführten.

Tourismus

Da der Pass wenigstens touristisch - insbesondere für das Holzgauer Haus - noch von Interesse war, wurde er bald darauf notdürftig wieder geflickt. Später nahm sich der Alpenverein des Passes an und heute liegt über einer besonders ausgesetzten Stelle eine Aluminiumleiter, die nur im Sommer eingehängt wird. In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts hat der Weg auch wieder überregionale Bedeutung erlangt. Andi Heckmairs Alpen­über­querung mit dem Rad führt darüber und ist auch ein Highlight der Tour. In den Sommermonaten kann es jetzt gar passieren, dass man anstehen muss, wenn man den Pass mit dem Fahrrad auf der linken Schulter überschreiten will.

Mit dem Rad am Schrofenpass - lange kann man nicht mehr fahren
Mit dem Rad am Schrofenpass - lange kann man nicht mehr fahren
Andi Heckmair
Die Alubrücke wird im Frühjahr wieder eingehängt
Die Alubrücke wird im Frühjahr wieder eingehängt
AR