Der Bildhauer Hans Scham (1588 - 1654)
Leben und Familie
Vom Regen in die Traufe kamen der Bildhauer Hans Scham (1), seine Frau Anna Vogelin (Vogler) und sein Sohn Kaspar, als sie im Juni 1633 von Ottobeuren nach Oberstdorf umsiedelten. Die Schweden hatten damals ihre Heimatstadt besetzt und sie erhofften sich, in Oberstdorf bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen vorzufinden. Die beiden schon erwachsenen Kinder, die verheiratete Helena und Johannes, der später Abt in Irsee wurde, blieben im schwäbischen Unterland zurück. Kaum hatten sich die drei Flüchtlinge in Oberstdorf eingerichtet, schlug das Schicksal erbarmungslos zu. Der schwarze Tod richtete in den Jahren 1634 und 1635 zwei Drittel der Bevölkerung unseres Ortes hin. Unter den Verblichenen befanden sich auch Kaspar und Ehefrau Anna. In der Witwe Chatharina Felchin (Walk), auch ihr erster Mann Alexander Renn war ein Opfer der Pest, fand er 1638 eine neue Lebensgefährtin. Sie gebar 1641 die Zwillinge Anna und Ursula, die aber innerhalb zweier Wochen verstarben. Im August 1643 wurde Tochter Maria geboren. Die Geburt hatte jedoch ihre Mutter derart geschwächt, dass sie wenige Wochen darauf den Folgen erlag. Zum zweiten Mal Witwer fand er in der Oberstdorferin Maria Berktold (2) 1644 eine neue Frau . Am 18.08.1654 entschlief Hans Scham in seinem 66. Lebensjahr in seiner Wahlheimat Oberstdorf.
Ottobeurer Zeit
Wie oben schon erwähnt war Hans Scham ein Bildhauer und genoss in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts im schwäbischen Raum hohe Anerkennung. Er entstammte eine namhaften Ottobeurer Künstlerfamilie, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts wahrscheinlich aus dem Oberallgäu ins Unterallgäu gezogen war. Sein 1564 geborener Vater Kaspar wurde in einem Mitgliederverzeichnis der Ottobeurer Rosenkranzbruderschaft als "kunstvoller Bildhauer sowohl in Stein- als auch in Holzarbeiten" bezeichnet. Es ist anzunehmen, dass Hans und auch sein Bruder Matthias bei ihrem Vater in die Schule gingen. Schon mit 17 Jahren, wenn das im Oberstdorfer Kirchenbuch vermerkte Geburtsjahr stimmen sollte, hat er als Meister am Altar für die Stiftskirche in Ellwangen gearbeitet. Weiter fertigte er Altäre in der Kirche in Eldern (1603-1611), der Wolfgangskapelle in Wangen (1613-1617,) der Ochsenhausener Klosterkirche (1620) und der Kirche in Achstetten (1625).Da sich jedoch Geschmäcker und Kunststile änderten, wurden beispielsweise die Altäre schon vor langer Zeit ersetzt und die vorhandenen Skulpturen einer Zweitverwertung in weniger wichtigen Kirchen und Kapellen zugeführt. Deshalb ist es heute auch äußerst schwierig Hans Schams in alle Winde zerstreute Kunstwerke aufzufinden und wiederzuerkennen. Gesichert gilt für diese Zeit nur die aus Ochenhausen stammende Kreuzigungsgruppe in Hattenbenburg (1620/22).
Oberstdorfer Zeit
Dies gilt leider auch für die Bildhauerarbeiten seiner Oberstdorfer Zeit. Sein bekanntestes Werk in unserem Raum sind seine Arbeiten in der Hindelanger Pfarrkirche. 1637/38 erhielt er 72 Pfund für die Figuren des Kreuzaltars und 131 Pfund für seine Arbeiten am Frauenaltar (3). Auch diese Altäre wurden in der Zwischenzeit erneuert. Laut Petzet sollen sich Teile dieser Arbeiten in den umliegenden Kirchen in Vorderhindelang, Reckenberg und Bad Oberdorf erhalten haben. Sabine Russ (4) ist hier jedoch anderer Meinung und lässt die Vermutung einzig und allein für die Mondsichelmadonna in Vorderhindelang gelten. Die Muttergottes am linken Nebenaltar der Pfarrkirche St. Verena in Fischen kann aufgrund einer Inschrift aus dem Jahr 1641 sicher Scham zugeordnet werden. Sie wurde von ihm selbst und seiner damaligen Frau gestiftet. Auch der lebensgroße Kruzefixus am gleichen Ort könnte vom Stil her aus seiner Werkstatt stammen. In Rettenberg gestaltete er vermutlich 1641/42 den neuen Hochaltar, der leider 1727 bei einem Brand der Kirche zerstört wurde. Früher wurde ihm in Oberstdorf u.a. der Auferstehungschristus in der Josefskapelle zugeschrieben. Doch dieser Vermutung wird schon von Zirkel aus stilistischen Gründen widersprochen. Auch die anderen ihm, z.B. im Petzet, zugeschriebenen Werke in Oberstdorf und Tiefenbach sind laut Sabine Russ leider nicht von ihm.
Schade, dass wir gerade an seinem Wohnort kein Kunstwerk von ihm besitzen. Es wäre sicher eine lohnende Detektivarbeit, die vielen kleinen Kapellen unserer Region zu durchforsten, vielleicht findet sich doch noch eine seiner wundervollen Arbeiten.
Anmerkung:
Von den Kunstwerken Schams aus Vorderhindelang und auch aus Fischen fehlen mir noch Bilder. Vielleicht hat jemand ein Foto für mich?
Fußnoten:
1) Manchmal wird er auch Schaum oder Schaur geschrieben
2) In den Kirchenbüchern wird der Name der dritten Frau mit „Herstoffer“ angegeben. Dieser Name kommt jedoch in den Kirchenbüchern weder bei den Taufen noch bei den Sterbefällen vor. Ich tendiere deshalb eher dazu, Zirkels Angaben Glauben zu schenken, die auch von Sabine Russ in ihrem Aufsatz übernommen wurden.
3) Dieser Altar ersetzte einen des Meisters Schick, der nach Oberstdorf verkauft wurde und in der 1637 erbauten Vierzehnnothelfer-Kapelle als Seitenaltar aufgestellt wurde. Dieser brannte leider 1865 mit all seinen Kunstwerken aus.
4) Wer sich genauer mit den Kunstwerken Hans Schams auseinandersetzen will, dem empfehle ich die Lektüre des Artikels von Sabine Russ im u.g. Buch.