Heimatforscher und Heimatdichter Josef Rees (1920 - 1977)
Im März 1977 absolvierte ich mein dreiwöchiges Landschulpraktikum bei der Oberlehrerin Charlotte Petzold. Damals lernte ich Josef Rees kennen, als ich in Heimat- und Sachkunde das Thema Lorettokapellen in der 3. Klasse erarbeiten sollte. Als Rektor und auch als Heimatforscher gab er mir die ersten, wertvollen Tipps und es kam nicht von ungefähr, dass Heimatkunde mein Steckenpferd wurde. Dass diese Bekanntschaft von nur sehr kurzer Dauer sein würde, das konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen. Nur wenige Tage später, am 10.3.1977, erlag Josef Rees leider in seinem Rektorat einem Herzinfarkt. Obwohl ich als gelernter Rettungssanitäter sehr schnell zur Reanimation hinzukam, konnte ich nicht helfen. So nahm mein Landschulpraktikum damals ein sehr trauriges Ende.
Mein Vorgänger als Rektor entstammte einer altoberstdorfer Familie. Sein Vater - der Postbeamte Franz Xaver Rees - und seine Mutter - die Landwirtstochter Walburga Tauscher - heirateten 1919. Schon ein Jahr später erblickte Josef Anton Rees am 13. August 1920 das Licht der Welt. In der Volksschule bewies er sich als sehr gelehriger Schüler. So entscheiden seine Eltern, ihn an die örtliche Realschule zu schicken, was damals noch nicht selbstverständlich war. Anschließend besuchte er die Oberrealschule in Kempten und danach die Lehrerbildungsanstalt in München-Pasing. Schon mit knapp 20 Jahren kam er dann als Praktikant zurück an seine alte Volksschule.
Doch schon bald wurde er eingezogen und mit einer Panzerjägereinheit an die Ostfront geschickt, um dort den Wahnsinn des Krieges erleben zu müssen. Schwerverwundet und oberschenkelamputiert kehrte er in seine Heimat zurück. Trotz seiner schweren Verwundung nahm er seinen Beruf mit Feuereifer wieder auf. Wie einige seiner Kollegen nahm er das erlebte Grauen zum Anlass, um sich künftig im Unterricht aktiv für den Frieden einzusetzen.
Am 14. 4.1955 heiratete Josef Rees die Lindauerin Babette Naß, Mit ihr hatte er zwei Söhne. In seiner Freizeit widmete er sich erst sozialen Themen. So wurde er u.a. Vorstand des neugegründeten katholischen Burschenvereins. Wie einige seiner Oberstdorfer Kollegen förderte er in der Volksschule die örtliche Mundart. Das Reden im Dialekt war plötzlich nicht mehr verpönt, freies Sprechen in unserer Mundart wurde sogar extra geübt. Heimatkunde wurde zu dem zentralen Fach des Elementarunterrichts, an den Brauchtumsfesten orientierte sich der schulische Jahresablauf. Er verstand es ganz besonders, in seinem abwechslungsreichen Unterricht das Interesse der Kinder für die Heimatgeschichte zu wecken.
1968 wurde er zum Rektor der katholischen Knabenschule berufen und als diese dann aufgelöst wurde, wurde er Schulleiter der neu geschaffenen Grundschule. Im Allgäuer stand damals zu lesen: "Auch wenn es den Anschein hatte, so war es doch kein Faschingsscherz, wenn durch das staatl. Schulamt am Faschingsdienstag die Nachricht, daß Josef Rees Rektor wurde, nach Oberstdorf durchgegeben wurde und am Aschermittwoch die „Inthronisation" erfolgte. Trotz anfänglichen Sträubens mußte sich Rektor Rees von der Richtigkeit dieser Meldung überzeugen lassen. Dies konnte Lehrer Zintl, der Oberschulrat Dellner, den 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Oberstdorf, Dr.Dreher, und die Kolleginnen und Kollegen der vier Oberstdorfer Volksschulen herzlich begrüßte, feststellen."
Sein gesellschaftliches Engagement brachte ihn zwangsläufig dazu auch politische Verantwortung zu übernehmen. Mit überwältigender Stimmenzahl wurde er zum Gemeinderat gewählt und blieb diesem Amt über 10 Jahre treu. Außerdem wurde er in der Vorstandschaft des Verschönerungsvereins berufen.
Vielleicht war es seine Behinderung, die ihn zum genauen Beobachter seiner Umwelt und seiner Mitmenschen machte. In seinen Mundartstücken bewiese er nicht nur Menschenkenntnis sondern auch viel Humor. Die Theaterstücke ,,S' düez allad wiedr", „Dr Leachtlarzins" und „Gearschtrubar Huimat" sind seiner Feder entflossen und wurden teils in den letzten Jahren wieder überaus erfolgreich aufgeführt.
Im Mittelpunkt seiner freizeitlichen Aktivitäten stand immer seine Heimatliebe. Das war auch der Grund, dass nach dem Kriege einer von denen war, die mit Museumspfleger Wilhelm Math die Wiedereröffnung des Museums betrieben. Später leitete er bis zu seinem plötzlichen Tode den Museumsausschuss. Eugen Thomma charakterisiert ihn und sein Amt mit folgenden Worten: "Die ruhige, besonnene und sachliche Art, wie er das tat, war der Spiegel einer ausgeglichenen Persönlichkeit. Im Museumsausschuß, wie auch in den anderen Gremien, in denen er tätig war, hatte sein Wort Gewicht. Sein Rat war sachlich fundiert und wohl überlegt. Konträre Meinungen versuchte er auszugleichen. Bei aller Autorität war er uns ein echter Freund."
Josef Rees hat sich um die Erhaltung von Mundart und Brauchtum umschätzbare Verdienste erworben und dessen früher Tod hinterließ eine kaum schließbare Lücke.