Tilly Wedekind

Tilly Wedekind wird am 11. April 1886 als Tilly Newes in Graz (Österreich-Ungarn) geboren. Sie heiratet 1906 den 22 Jahre älteren Dramatiker Frank Wedekind, den sie beruflich kennengelernt hat. 1907 zieht das Ehepaar Wedekind von Wien nach München. Aus der Ehe entstammen zwei Töchter, die spätere Schauspielerin, Sängerin und Übersetzerin Pamela Wedekind (1906-1986) und die spätere Schriftstellerin, Journalistin, Illustratorin und Schauspielerin Kadidja Wedekind (1911-1994).

Tilly Wedekind wird durch ihre Hauptrollen in den Stücken ihres Mannes bekannt, so zunächst als Lulu in Die Büchse der Pandora (Mai 1905). Deren Uraufführung 1904 vor geladenem Publikum im Intimen Theater in Nürnberg endet in einem Theaterskandal, so dass die zweite Vorstellung am Folgetag polizeilich verhindert wird. Aufgrund der nachfolgenden geschlossenen Veranstaltung in München erhebt die Münchner Staatsanwaltschaft nunmehr Anklage gegen Wedekind wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften. Der Zensurprozess wird durch drei Instanzen geführt, er endet zwar mit einem Freispruch Wedekinds, aber auch mit dem Verbot des Stücks. Die Büchse der Pandora wird im Mai 1905 dann in einer geschlossenen Vorstellung im Trianon-Theater in Wien aufgeführt, wo Tilly Newes, damals noch nicht Wedekinds Ehefrau, die Titelrolle übernimmt. Nach dem Tod ihres Mannes tritt sie wieder in klassischen Bühnenrollen auf, unter anderem in der Rolle der Maria Stuart.

Am 9. März 1918 stirbt Frank Wedekind im Alter von 53 Jahren an den Folgen einer Blinddarmoperation und hinterlässt sie als 31-jährige Witwe mit einer 11- und einer 6-jährigen Tochter. Die Ehe war überaus schwierig, denn Wedekind ist nicht nur ein provokanter Dramatiker, sondern auch insgesamt egomanisch und sexuell obsessiv veranlagt, so dass sich nach einem ein knappes Jahrzehnt dauernden, kräftezehrenden Zusammenleben bei aller Trauer auch ein Gefühl der Befreiung bei Tilly einstellt. Sie leidet in der Folge zunehmend unter einer manischen Depression.

Vom 29. Juli 1922 an macht sie zusammen mit ihren beiden Töchtern Urlaub im Hotel Wittelsbacher Hof in Oberstdorf, um ihren manisch-depressiven Schüben zu begegnen. Die Erfahrungen dieser Jahre reichen auch nicht aus, um eine Liaison ab 1929 mit Gottfried Benn zu verhindern, bei dem sie bis 1937 seelischen und erotischen Trost findet, ohne zu bemerken, dass dieser zeitgleich eine Parallel-Beziehung mit der Schauspielerin Elinor Büller unterhält gemäß seiner Devise: „Gute Regie ist besser als Treue“.

1969 erscheint Tilly Wedekinds Autobiografie „Lulu – die Rolle meines Lebens“.

Sie stirbt am 20. April 1970 in München und wird dort auf dem Waldfriedhof beigesetzt.