Michael Schirmer
Michael Schirmer wird am 7. November 1939 in Weimar geboren, wo er zusammen mit seinen beiden Schwestern in einem wohlsituierten Elternhaus aufwächst. 1945 muss die Familie vor den anrückenden Russen nach Niedersachsen zu Verwandten des Vaters fliehen. Mit 15 Jahren kommt er 1954 nach Oberstdorf, wo er 1959 an der Oberrealschule (heute Gertrud-von-le-Fort-Gymnasium) das Abitur erwirbt. Er ist hinsichtlich seines beruflichen Werdegangs unschlüssig. Ihn treibt es hinaus in die Welt: Frankreich, Spanien, Afrika, Irland, Österreich, er ist Bauarbeiter, landwirtschaftlicher Praktikant, Bänkelsänger, Puppenspieler.
Schließlich studiert er an der Ludwig-Maximilians-Universität München Romanistik und Slawistik. Das Glück scheint in all den Jahren ganz auf seiner Seite zu sein, wie bei seinen eigenen Märchenhelden, die er selbst so beschreibt: „Der Märchenheld hat oft Glück, er ist der tumbe Tor, naiv und gutherzig. Nur solche Menschen haben auch Glück.“ Sein Studium schließt er am 4. September 1972 mit der Promotion über das Thema El cuento de encantamiento. Untersuchungen zu Form und Inhalt an der Philosophischen Fakultät II der Ludwig-Maximilians-Universität München ab. Ein „ehrbares“ und finanziell abgesichertes Leben scheint sich anzubahnen, und so wird er zunächst Dozent am Goethe-Institut.
Mit 36 Jahren beginnt er wieder zu malen, gefördert durch seine Schwester Regine, eine „studierte“ Künstlerin. 1975 wird er mit dem Kunstförderpreis für Malerei der Stadt Kempten ausgezeichnet, 1984 mit der Auszeichnung Die unsterbliche Rose beim Lyrik-Wettbewerb Soli Deo Gloria in Witten/Westpfahlen für ein Gedicht geehrt. Dies ist für ihn der Startschuss in die Selbständigkeit.
Als er Unterkunft findet in einer verlassenen Alphütte in den Allgäuer Alpen, seinem Walser Älpele im Kleinwalsertal, zieht er sich dorthin zurück und widmet sich wieder seinem Kindheitstraum, der Märchenwelt. Eine Vielzahl von Büchern entsteht: Märchen, die in vielen Ländern spielen oder auf Oberallgäuer Sagen basieren. Er wird zum Maler-Poeten, illustriert seine „märchenhaften“ Bücher selbst, die anfangs auch Bilder von seiner Schwester Regine enthalten. Sie erscheinen allesamt in seinem eigenen Verlag vom Wunderbaren, den er ohne fremdes Kapital gründet, so beispielsweise: Moosbrevier (1993), Lieber Mohr (1997), Auf dem Moosberg (1997), Li-Li. In der Heimat der Pandabären (1997), Das wilde Männle (1998), Die Bernstein Fee (1998), Geliebter Märchenkönig (1999), Der Venediger (2000), Königliche Stille. Ludwig II. von Bayern zum Gedenken (2002), Blondchen (2002), Der Glücksort von Oberstdorf (2005), Lob der wilden Fräulein (2008), Tagtraum (2008), Ein Südseetraum (2008), Die Glückskugel (2009), Väterchen Frost im alten Russland (2010).
Ein Höhepunkt in seinem Leben und Schaffen ist sein Tiermärchen Das verliebte Seepferdchen, das er den Enkelkindern Seiner Majestät des Königs Taufa’ahau Tupou IV. von Tonga widmet, stellvertretend für alle Mädchen und Buben der Freundschaftsinseln. 2003 kann er das Buch zweisprachig in Englisch und Tongaisch dem König anlässlich des 85. Geburtstags am 4. Juli 2003 persönlich überreichen. Bei seinem Besuch dort überbringt er außerdem als Geschenk 7000 Exemplare seines zweisprachigen Werks, das von dem begeisterten Monarchen daraufhin spontan zum offiziellen Schulbuch erklärt wird, um die Liebe der Schüler zur Natur und insbesondere zu ihrer Heimat zu fördern und die infolge der weltweit zunehmenden Verbreitung des Englischen bedrohte Muttersprache der Tonganer zu bewahren. Anlässlich der Krönungsfeierlichkeiten von König George Tupou V. von Tonga am 1. August 2008 erhält Michael Schirmer für seine Verdienste um den Erhalt des kulturellen Erbes und die Pflege der einheimischen Ursprache aus der Hand des neuen Monarchen des Südseereiches Tonga den Orden Commander of the Order of the Crown.
2009 verleiht der Markt Oberstdorf Michael Schirmer die Gertrud-von-le-Fort-Medaille.
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