Friedrich Gundolf

Friedrich Gundolf (eigentlich Friedrich Leopold Gundelfinger) wird am 20. Juni 1880 in Darmstadt geboren als Sohn der Amalie, geb. Gunz (1857-1922), und des Mathematikers Sigmund Gundelfinger (1846-1910), Professor an der TH Darmstadt. Die Familie ist jüdischen Glaubens. Nach dem Besuch des humanistischen Ludwig-Georg-Gymnasiums studiert er in München, Heidelberg und Berlin deutsche Literaturgeschichte, Kunstgeschichte und Philosophie. Er wird 1903 in Berlin promoviert, habilitiert sich 1911 in Heidelberg, wird dort Privatdozent, 1916 außerordentlicher, ab 1920 ordentlicher Professor für Literaturgeschichte. Als Universitätsprofessor genießt er so hohes Ansehen, dass er Doktoranden ablehnen kann, darunter auch beispielsweise den späteren nationalsozialistischen Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda und Leiter der Reichskulturkammer Joseph Goebbels. Aufsehen erregt Gundolf 1916 über seinen Fachbereich hinaus mit seiner Goethe-Biografie.

1899 wird Gundolf mit Stefan George (1868-1933) bekanntgemacht und gehört von da an zum innersten Kern des George-Kreises, eines ästhetisch orientierten Männerbundes um den Lyriker Stefan George, der als Mittelpunkt und charismatischer Führer von seinen Anhängern verehrt wird. Stefan George ist bestrebt, immer wieder begabte und nicht zuletzt auch äußerlich attraktive Männer an sich zu binden und in seinen Bann zu ziehen. Die Zuführung des jungen Friedrich Gundolf, der nicht nur Georges dichterische Fähigkeiten bewundert, sich ihm geistig unterordnet, ihn abgöttisch verehrt, sondern auch in persönlicher enger Zuneigung mit ihm verbunden ist, bildet einen Höhepunkt für die gesamte ordensähnliche, quasireligiöse, kultische Gemeinschaft des George-Kreises. Die gegenseitige Bindung zwischen George und Gundolf wird schnell sehr eng. Gundolf wird zum Lieblingsjünger. Doch mit seiner Heirat 1926 zerbricht die Verbindung.

Friedrich Gundolf zieht sich Ende Januar 1918 in Berlin eine schwere Lungenentzündung zu und hält sich vom 26. März an im Hotel Bergkranz in der Wannackerstr. 8 in Oberstdorf auf. Am 1. Mai fährt er nach München, wo er sich mit Stefan George trifft. Anschließend ist er beim befreundeten Ehepaar Fine und Erich von Kahler in Wolfratshausen zu Gast, bis er Ende Mai endgültig nach Berlin zurückkehrt.

1926 heiratet Friedrich Gundolf Elisabeth Salomon (1893-1958), Tochter des Sanitätsrats Dr. med. Max Salomon, eine promovierte Nationalökonomin, Schriftstellerin und Übersetzerin. Bei Gundolf wird 1927 Magenkrebs diagnostiziert. Er stirbt am 12. Juli 1931 im Alter von 51 Jahren in Heidelberg und wird auf dem nichtjüdischen Teil des Heidelberger Friedhofs bestattet.