Die mittelsteinzeitlichen Funde des Grafen Vojkffy
Der Wanderweg von der Pfarrkirche von Tiefenbach an den südlichen Felsabstürzen am Ochsenberg, den Jelefelsen, vorbei zur Judenkirche heißt Graf Christoff von Vojkffy Weg.
Wer war dieser Mann? Warum bekam der Weg seinen Namen?
Graf Vojkffy lebte von 1879 bis 1970. Mein Großvater erzählte mir, dass die Oberstdorfer den "Boatsche Xavere", wie er liebevoll genannt wurde, damals in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts nicht für voll genommen hatten. Denn er hatte einen Spleen: er durchsuchte in den Jahren vor dem 2. Weltkrieg den Oberstdorfer Talkessel und seine umliegenden Höhen systematisch nach steinzeitlichen Wohnplätzen.
Doch Herr Vojkffy belehrte seine Kritiker eines Bessren und erlangte darauf hin lokale Berühmtheit. Gleich an mehreren Stellen fand er, was er suchte: 683 Steinwerkzeuge aus heimischen Radiolaritgestein, der heute unter dem Namen Breitachstein bekannt ist. Gründlich und fleißig, wie er war, fertigte von den vielen Schmal- und Breitklingen, Kratzern und Sticheln Skizzen an. Die meisten der Originale kamen nach München in die Prähistorischen Staatssammlung und gingen leider durch einem Bombenangriff verloren. Nur noch wenige dieser Artefakte sind dort noch ausgestellt. Ein paar andere sind glücklicher Weise ins Heimatmuseum von Oberstdorf gekommen und können dort besichtigt werden.
Dass dieser Mann geehrt werden musste, ist deshalb wohl verständlich.
Aber jetzt kommen wir zur zweiten Frage:
Warum wurde gerade dieser Weg hier in Tiefenbach nach ihm benannt?
Das ist leicht beantwortet, denn der Weg führt zum Jehlefelsen, unter dessen weiter überhängenden Felsen aus Schrattenkalk Vojkffy einen wichtigen Fundplatz erschloss. Hier hatten in der Mittelsteinzeit vor etwa 10.000 Jahren nomadisierenden Jäger, Fischer und Sammler einen geschützten Sonnenplatz gefunden, an dem sich eine Zeit lang leben ließ. Nach Schwendinger soll es unterhalb der Wohnstätte dazu noch einen See zum Fischfang gegeben haben. Dieser See war entstanden, als der alte Breitachabfluss durch den Hirschsprung bei einem Bergsturz verschüttet wurde. Dieser See suchte sich einen neuen Abfluss zwischen der jetzigen Sulzburg und dem Höhenrücken von Jauchen. Nachdem dieser Abfluss sich immer tiefer einschnitt, wurde der See kleiner und verschwand schließlich ganz. Das könnte auch erklären, warum der Jehlefelsen als Wohnplatz aufgegeben wurde. Im Gegensatz zum Fundplatz an der Schneiderkürenalpe im Walsertal sind nämlich keine Funde mehr aus der Jungsteinzeit bekannt.
Weitere Fundplätze zogen sich am südlichen Höhenrücken der Breitach entlang: Faulenbach, Wannenbichel, Schlattbichel und Schrattenwang. Aber auch auf der anderen Talseite wurde Vojkffy fündig: Plattenbichel, First und Schöllanger Burg heißen die dortigen Fundorte. Allesamt liegen sie auf den Höhenzügen rund um Oberstdorf, denn das Tal selbst war zu diesem Zeitpunkt noch unbewohnbar. Alle von Vojkffy gefundenen Artifakte können aber, wie schon erwähnt, nur der Mittelsteinzeit zugeordnet werden. Die Funde im Kleinen Walsertal (Schneiderküren-Alpe im Ifengebiet und den Feuersteinmädern im Gemsteltal) beweisen jedoch, dass der Lebensraum hier in den Allgäuer Alpen kontinuierlich, d.h. auch in der Jungsteinzeit und Bronzezeit genutzt wurde.
Mit einem verbürgten Satz aus einem Artikel Voikffys möchte ich meine Ausführungen schließen:
"Und wenn die Steine nun wirklich redeten, würden sie lächeln ..."