Oberstdorf erhält das Marktrecht (1495)

Wandgemälde von der Markterhebung am alten Rathaus
Wandgemälde von der Markterhebung am alten Rathaus

Nachdem der Augsburger Fürstbischof Johann II. von Werdenberg (1430 - 1486) 1470 durch Tausch die gesamte Pflege Rettenberg mit den meisten Einwohnern in seinen Besitz bringen konnte, begann er nun sein kleines Reich neu zu organisieren. Hauptanliegen war natürlich wie immer, möglichst viel Geld aus der Angelegenheit zu schlagen. Die Bauern waren durch ihre Abgaben schon so stark belastet, dass diesbezüglich nicht mehr viel zu holen war. Blieb ihm die Möglichkeit die Wirtschaft zu fördern, um so neue Steuereinkünfte zu generieren. Insbesondere der Handel lag zu diesem Zeitpunkt noch im Argen. Im Großen und Ganzen waren die Bauern ja eigentlich autark. Was man nicht selbst herstellen konnte, wurde durch Tausch mit anderen Ortsbauern erhandelt. Doch nicht alles, was auch begehrenswert und erschwingbar war, gab es da und alles war immer etwas ärmlich und einfach. Schöneres Geschirr, buntere Stoffe, Gewürze usw. waren nur von fahrenden Händlern oder auf den Märkten in Sonthofen zu haben. Für den Fürstbischof, jetzt hieß er Friedrich II. von Zollern (1451 – 1505), war so ein Markt natürlich auch ein finanzielles Freudenfest. An jedem Gulden der über den Marktstand gehandelt wurde, war er beteiligt. Ein recht lukratives Geschäft. Da hatte er natürlich ein offenes Ohr, als ihm der Oberstdorfer das Anliegen vorbrachte, auch seinen südlichsten Ort mitten im Gebirge zum Markt zu machen.

Doch so einfach ging das früher nicht. Obwohl Fürst und Bischof in Personalunion, so viele Rechte hatte er wieder nicht. Gut, dass er ein recht einflussreiches Verhältnis zum deutschen König Maximilian pflegte. Besonders zu Gute kam ihm, dass er ihn mit einem Darlehen aus der Patsche half, als dieser in Kriegszeiten in Geldnot war. Auf jeden Fall unterschrieb der König und spätere Kaiser Maximilian I. (der letzte Ritter, 1459 - 1519) in Breda, das liegt in Holland, 1495 eine Urkunde, mit der er Oberstdorf das Marktrecht verlieh. Gleichzeit hätten die Oberstdorfer auch das Recht erhalten, Hochgericht zu halten und eine Mauer um ihr Dorf anzulegen. Das letztere war ziemlich schnell abgehakt, denn die abgelegene Lage im Süden war Mauer genug und hätte 150 Jahre später auch gegen die Schweden kaum erfolgreich Bestand gehabt. Das Zeichen des Hochgerichts, nämlich einen Galgen, dieses wurde schon erstellt. Der Galgenbichl lag am Faltenbach neben dem heutigen Schützenhaus, das es damals jedoch nicht gab. Wie wir u.a. auch aus den Hexenprozessen wissen, wurde in Oberstdorf jedoch nie jemand hingerichtet. Auch die Verhandlungen selbst fanden meist in Sonthofen statt.
Doch das Recht Märkte abzuhalten, das wurde fortan extensive genutzt. Jeden Montag durfte auf dem Marktplatz ein Wochenmarkt abgehalten werden. Aus dem Jahr 1544 weiß man, dass alljährlich zwei weitere - der St-Agnes-Markt und der St-Johannes-Markt - durchgeführt wurden. Die Zahl der jährlichen Märkte variierte im Lauf der Jahrhunderte. Mitte des 17. Jahrhunderts wird erstmals der Gallusmarkt erwähnt.

Das Einzugsgebiet war enorm. Die Käufer kamen aus dem Walsertal, die den deutlich kürzeren Einkaufsweg gerne nutzten, und dann auch noch aus dem Hochthannberg. Diese Dörfer im Süden waren eigentlich von jeglicher Welt abgeschnitten, die heutigen Verkehrsverbindungen waren zu diesem Zeitpunkt höchstens Säumerpfade und der Weg über den Schrofenpass war die kürzeste Verbindung ins Tiefland. So konnte sich Oberstdorf als Marktflecken ziemlich schnell etablieren. 
In der heutigen Zeit ist von diesen Märkten, sehen wir vom Wochenmarkt einmal ab, nur der Gallusmarkt übrig geblieben. Er fand bis vor wenigen Jahren eigentlich immer am Namenstag des Heiligen Gallus, dem Gründer des Klosters St. Gallen, am 16. Oktober statt. Vor wenigen Jahren wurde er neu terminiert und jetzt wird er meistens am zweiten Samstag im Oktober abgehalten.

Fürstbischof Friedrich II von Zollern, Portrai von Hans Burgkmair dem Älteren
Fürstbischof Friedrich II von Zollern, Portrai von Hans Burgkmair dem Älteren
By Hans Burgkmair der Ältere [Public domain], via Wikimedia Commons
Kaiser Maximilian I, Portrait von Albrecht Dürer
Kaiser Maximilian I, Portrait von Albrecht Dürer
Albrecht Dürer [Public domain], via Wikimedia Commons
Der Stand des Fördervereins der Grundschule beim Gallusmarkt 2010
Der Stand des Fördervereins der Grundschule beim Gallusmarkt 2010
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