Kurzgeschichte Oberstdorfs
Vor Christi Geburt
Nach dem Abschmelzen der Gletscher der Würmeiszeit durchstreiften schon früh Fund aus der Mittelsteinzeit die ersten Menschen unsere Gegend. Die frühesten Funde, winzige Steinmesser, Bohrer und Kratzer, reichen bis in die Mittlere Steinzeit zurück. Wahrscheinlich zogen die Jäger und Sammler zusammen mit wandernden Wildtieren, wie Schafen und Ziegen, im Frühjahr aus den schwäbischen Tiefebenen hinauf in das Hochgebirge. Die seltenen Funde aus der Mittleren Steinzeit verlieren sich aber in Oberstdorf für die Jungsteinzeit. Die neuesten Funde auf der Alpe Schneiderküren im Kleinen Walsertal belegen jedoch einen kontinuierlichen Besuch unserer Berge auch in der Jungsteinzeit. Erst in der Bronzezeit tauchen wieder vereinzelt Funde auf. Aus anderen alpinen Regionen wissen wir jedoch, dass die Gebiete über der Baumgrenze schon früh alpwirtschaftlich genutzt wurden. Warum soll das ausgerechnet für das Allgäu nicht zutreffen?
Kelten und Römer
Als die Kelten im Allgäu sesshaft wurden, fanden sie am Fuße des Grüntens einen befahrbaren Knüppeldamm vor, der durch das Moor hindurch Siedlungen des südlichen Allgäus verband. Dass während der Römerzeit Alpwirtschaft betrieben wurde, beweist eine römische Kuhglocke, die auf der Seealpe gefunden wurde. Zu diesem Zeitpunkt existierten auf den Terrassen rund um Oberstdorf sicher schon einige Gehöfte, die eventuell als Voralpen genutzt wurden. Sie sind die Keimzelle der Oberstdorfer Ortschaften Schöllang, Reichenbach, Rubi, Tiefenbach und Kornau, die von den Alemannen nach 700 besiedelt wurden. Im kies- und geröllbedeckten Tal selbst war damals eine Urbarmachung noch unmöglich. Der Talboden wurde regelmäßig von reißenden Gebirgsbächen überschwemmt. Wilde Tiere wie Bären, Wölfe, Luchse und Hirsche fühlten sich hier wohl.
Die alamanische Landnahme
Erst als vor ca. 1200 Jahren die Trettach im Talkessel langsam einen hochwassersicheren Schutthügel aufschüttete, konnten darauf die ersten Häuser gebaut werden. Genaue historische Dokumente liegen jedoch nicht vor. Damals waren die Vorfahren der heutigen Bewohner, die Alamannen, gerade erst aus dem südwestdeutschen Raum eingewandert. Sicher trafen sie noch auf einige Reste der rätoromanischen Bevölkerung, auf die die Sagen von den Wilden Männle zum Teil zurückgehen. Ganz langsam kamen die Alamannen damals unter christlichen Einfluss. Dass die heidnischen Bräuche jedoch bis in die Gegenwart noch nicht ausgestorben sind, erinnern unter anderem das Klausentreiben oder die lodernden Funkenfeuer.
Mittelalter
Es dauerte jedoch viele Jahrhunderte, bis sich aus den wenigen Talgehöften ein eigenständiger Ort bildete. Im Jahre 1141 wurde vom ersten Kirchenbau in Oberstdorf berichtet. Durch Rodung wurden Ableger, wie der Weiler Schwand, in den südlichen Seitentälern gewonnen. Die Alpen oberhalb der Baumgrenze gehörten aber meist "Unterländern" oder wohlhabenden Klöstern.
Im Laufe des ausgehenden Mittelalters waren die meisten Oberstdorfer Leibeigene der örtlichen Adelsgeschlechter. Nur noch wenige freie Bauern konnten sich diesem Zwang entziehen. Die Herren von Heimenhofen, auf die unser Wappen zurückgeht, bauten sogar eine kleine Burg unterhalb des Himmelsschrofens, die aber schon bald wieder verfiel. Als auch dieses Rittergeschlecht verarmte, konnten die Bischöfe von Augsburg die Rechte über die Leibeigenen an sich reißen und zwischen Iller und Lech ein kleines Herrschaftsgebiet aufbauen. Deren guten Beziehungen verdankten die Oberstdorfer es, dass sie im Jahre 1495 von Kaiser Maximilian I. das Markrecht erhielten, was zu einem wirtschaftlichen Aufschwung des Bergdorfes führte. Tiefenbach, das westlich der Iller liegt, gehörte damals den Herren von Montfort.
Die Neuzeit
Trotzdem war die Unterdrückung und Ausbeutung der Augsburger Herrn so schlimm, dass sich im Jahre 1525 viele Oberstdorfer Bauern mit Begeisterung am großen Bauernkrieg beteiligten. Wenige Jahrzehnte später erlitt unser Ort ein weiteres schweres Schicksal: 1586/87 wurde 20 Oberstdorferinnen und ein Oberstdorfer als Hexen verurteilt und hingerichtet.
Während des dreißigjährigen Krieges (1618-1648), in dem der Markt mehrmals von den Schweden geplündert wurde, fiel mit der Pest die größte Katastrophe über Oberstdorf herein: von 1200 Einwohnern starben über 800 am schwarzen Tod. In wenigen Jahrzehnten erholte sich der Ort jedoch wieder von diesem Trauma.
Damals lebten die meisten Oberstdorfer von der Vieh- und Pferdezucht. Getreide wurde für den Eigenbedarf angebaut. Der Flachsanbau, der im Rest des Allgäus die Haupternährungsquelle bildete, war bei uns nicht so bedeutend. Deshalb traf der Niedergang des Flachsanbaus im 19. Jahrhundert die Oberstdorfer nicht ganz so hart wie ihre nördlichen Nachbarn. Als jedoch dort als Ersatz die Milchwirtschaft mit der Emmentaler- und Romadourkäserei eingeführt wurde, übernahmen das auch die Oberstdorfer mit großem Erfolg. Im Jahre 1803 wird Oberstdorf im Rahmen der Säkularisation bayerisch.
Fremdenverkehr
Zu diesem Zeitpunkt, Mitte des 19. Jahrhunderts, begann der Fremdenverkehr langsam, im Tal Einzug zu halten. Unter dem Einfluss der Romantik entdeckten die Städter die Natur. Die ersten Sommerfrischler aus den Städten besuchten zur Erholung unseren Ort. Dass dort zur Jagd auch illustre Persönlichkeiten, wie Prinzregent Luitpold von Bayern weilten, verstärkte diese Bewegung umso mehr.
Einen herben, wirtschaftlichen Rückschlag brachte jedoch der Große Brand, der 1865 fast den gesamten Ort in Schutt und Asche legte. Als dann aber 1888 der erste Zug in Oberstdorf einfuhr, begann die Blütezeit des Fremdenverkehrs, die bis heute anhält. Ein weiterer Meilenstein in dieser Entwicklung war der Siegeszug des Skis, der nun auch im Winter Gäste nach Oberstdorf brachte. Besonders im Skispringen und Skifliegen setzte der Ort Akzente. Dass sich der Wintersport sehr schnell auch im Unterricht für die Oberstdorfer Kinder wiederfand, das kann in einem Artikel über die Geschichte der Volksschule nachgelesen werden.
Im Oberstdorfer Heimatmuseum können Sie sich eingehender mit der Geschichte unseres Ortes beschäftigen.