Die Hexenprozesse 1586/1587
Prolog
Im Jahr 1578, acht Tage vor Fastnacht, saßen der Hirte Chonrad Stoeckhlin und sein Freund Jacob Walch abends zusammen und zechten. Dabei kam ihnen die sondersame Idee, einen Vertrag über den Tod hinaus abzuschließen. Wer als erster sterben sollte, müsste dem anderen erzählen, wie es dort drüben ausschaue.
Genau acht Tage später verstarb der Ochsenhirt Jacob Walch und weitere acht Tage später erschien er seinem Freund, als dieser beim Feuerholz machen war. Jacob las ihm derart die Leviten, dass Chonrad sein Leben grundsätzlich änderte. Er wurde aus Buße nicht nur überaus gläubig, sondern begann weitere Kontakte mit der anderen Welt aufzunehmen. Hierzu wurde er des öfteren von einem Engel abgeholt und für zwei bis zweieinhalb Stunden mit der "Nachtschar" an einen Ort gebracht, wo seiner Meinung nach das Fegefeuer und das Paradies zu sehen seien. War Chonrad Epileptiker?
Verhöre und Scheiterhaufen
Natürlich erzählte er seine Erlebnisse seinen Freunden und Bekannten, um auch sie auf den rechten Weg zu bringen. Irgendwann denunzierte man ihn bei der Obrigkeit und er wurde am 29. Juli 1586 zum ersten Mal befragt. Nachdem sich seine Aussagen nicht mit den strengen Vorgaben des Hexenhammers deckten, verhörte man ihn so lange "hochnotpeinlichst", bis aus den Fahrten mit Engeln und der Nachtschar Hexenfahrten auf den Heuberg wurden. Erst diese Aussage brachte ihn auf den Scheiterhaufen, den er am 23. Januar 1587 besteigen musste.
Weitere Opfer
Natürlich musste er dabei auch weitere Namen preisgeben und, nachdem sein Reservoir an toten Personen erschöpft war, folgten ihm weitere Oberstdorferinnen auf den Scheiterhaufen. Dabei wurden bei jeder "Befragung" der weiteren Beschuldigten durch Folter weitere Namen aufgedeckt.
Folgende Namen sind überliefert:
Grete Raminger, Anna Enzenbergerin, Anna Luzin, Barbara Luzin, Barabar Berchtoldin, Elspetha Schedlerin, Elspeth Luzin, Barbara Erbin, Appolonia Erbin, Urula Huber, Catharina Voglerin, Barbara Kapeller und ihre gleichnamige Tochter, Catharina Kapeller, Elspetha Kapeller, Anna Hindelang, Elisabeth Seelos, Anna Nickhin, Engla Schrautolffin, Anna Freyin u. v. m.
Nicht alle waren Oberstdorferinnen, aber viele aus Chonrads Verwandtschaft. Aus den Prozessakten geht hervor, dass viele der Frauen erst nach größter Tortur gestanden. Von einer Frau, Katharina Stederin, wissen wir, dass sie zwar vernommen, dann aber wieder freigelassen wurde - sicher eine Seltenheit. Auch ein weiterer Mann, nämlich Hans Ramminger wurde beschuldigt, konnte sich der Hinrichtung jedoch durch Flucht entziehen.
Resümee
Heute wissen wir, dass sicher 15 Oberstdorfer/Innen hingerichtet wurden. Vieles spricht dafür, dass es 21 waren. Laut Wolfgang Behringer sind bei diesem Prozessen wahrscheinlich 25 Menschen umgebracht worden. Das Hab und Gut der Verurteilten wurde eingezogen und zur Begleichung der Prozesskosten verwandt.
Bis heute wurden die Oberstdorfer Opfer dieser Hexenprozesse nicht rehabilitiert, wie es in vielen europäischen Städten schon geschehen ist. Dies wäre sicher ein Anregung an der Bürgermeister und die Gemeinderäte wert.
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Herkunft der verwendeten Bilder:
Hexenverbrennung
Hexenverbrennung 2
Fliegende Hexen
Junge Hexe
Unholde und Hexen