Der Sisyphos vom Einödsberg
Auf dem Einödberg unweit der Mädelegabel stand einstens ein Hirt im Dienst, der sehr lässig und unachtsam war, so daß ihm eines Tages eine Kuh, die zudem noch einer armen Witwe gehörte, "verfiel". Anstatt sich nun den selbstverschuldeten Unfall zur Warnung sein zu lassen, lachte der Hirte hellauf, als er die Kuh den steilen Abhang "hinunterbocken" und sich ein ums anderemal überschlagen sah. Dafür hat aber der gewissenlose Hirt nach seinem Tode keine Ruhe finden können und mußte als Geist die Kuh den steilen, hohen Bergabhang mit unbeschreiblicher Anstrengung hinauftragen und schleppen. Sobald er aber oben war, kam sie ihm aus und kollerte wieder herab, und dann mußte er darob fürchterlich lachen, daß es weithin schallte. Darauf sprang er wieder den Berg herab, um die Kuh von neuem hinaufzuschleppen. So ging es in einem fort, und weil nun darob eine große Unruhe in die Alpe gebracht wurde, so wollte zuletzt kein Hirt mehr bleiben. Auch fing es in der Hütte an zu geistern, und darum ließ man endlich einen Kapuziner von Immenstadt kommen, daß er den Geist verbanne. Nach langem Lesen und Benedizieren gelang es auch dem Pater, den Geist zu beschwören, der nun aber seinerseits, bevor man ihn verbanne, nach dem Fürwitz verlangte. Da überließ man ihm statt dessen eine alte Geiß, die er sogleich "in Fetzen zerriß"; darauf beschwor ihn der Kapuziner auf die wilden und unzugänglichen Schrofen der Trettachspitze.
Wer dieser "Fürwitz" eigentlich gewesen wäre, nach dem der Geist verlangte, weiß man nicht; aber einige meinten, das sei jedenfalls "Hatscherles Kaschpa" gewesen, denn der habe bei der Beschwörung verstohlen zugeschaut und sei auch sonst immer so siebengescheit gewesen, daß man ihn oft den "Fürwitz" geheißen habe.