Die Gämse - der Klettermaxe

Gämse in den Allgäuer Alpen
Gämse in den Allgäuer Alpen
Oskar Fischer

Die Gämse (Rupicapra rupicapra) ist mit das bekannteste Tier in unseren Bergen. Obwohl sie schon sehr früh zu den bejagten Wildtieren gehörte, ist sie bei uns, im Gegensatz zum Hirsch und Steinbock, nie ausgerottet worden. Kaiser Maximilian I (1449-1519) besaß ein Gämsgehege im Rheintal und Bilder seiner Jagden wurden ein beliebtes Motiv. Damals gehörte das „Gamsstechen“ aus der Wand heraus zu den Lustbarkeiten der höfischen Jagd. Dies wurde in mehreren Bilder aus der damaligen Zeit festgehalten. Interessant ist in diesem Zusammenhang der Name des Seilhenkers, einem kleinen Vorgipfel nördlich der Höfats.  Denn dort hängten nicht die Bergsteiger früher ihre Seile aus, nein, der Name erinnert laut Steiner daran, dass im Mittelalter Seile und Netze aufgehängt wurden, in diesem Fall an der „Stiege“ zum Rauhenhals, um die Gämsen in einem bestimmten Bereich zu halten. Die Jagd, die seit 1059 im Besitz der Bischöfe von Augsburg war, fand demnach im „Oberloch“ unter der Kleinen Höfats statt. Dort könnte es natürlich auch zu einem „Gamsstechen“ gekommen sein.

Im Jahre 1660 ließ sich der damalige Augsburger Bischof Sigmund Franz von Österreich sogar ein Haus am Seealpsee durch die Oberstdorfer Bauern im Frondienst erbauen, um leichter seiner geliebten Gamsjagd und natürlich auch dem Fischen nachgehen zu können. Natürlich wurde er dann mit der Sänfte bequem hinaufgetragen.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam das Ende der Jagdhoheiten und 1848 wurde die Jagd den Gemeinden freigegeben. In kürzester Zeit war der reiche Wildbestand fast völlig vernichtet. Als Prinz Luitpold 1851 große Oberstdorfer Alpgebiete aufkaufte, begann sich die Bestand des Gämswildes wieder zu erholen. Heute kann man Gämsherden bei beinahe jeder Bergtour beobachten.

Groß widmete in seinem Führer von 1856 der Gämse, bzw. seiner Jagd mehrere Seiten. Dass er dabei in seiner Begeisterung über die Bergtauglichkeit des Tieres auch über das Ziel hinausschoss, soll durch das folgende Zitat zeigen: "Ja, die Geistesgegenwart des Thieres ist so groß, daß es, wenn es im Sichhinunterlassen noch einen rettenden Vorsprung bemerkt. alsdann im Falle mit Leib und Füßen nachrudert und arbeitet, um diesen zu erreichen und so im Sturz eine krumme Linie beschreibt."

Die Ziegenart, die meist in Rudeln auftritt, wird bis zu 130 Zentimeter lang, 75 Zentimeter hoch und 50 Kilogramm schwer. Das genügsame Tier ernährt sich von Gräsern, Kräutern, Laub, Nadeln, Flechten und Moos. Im Verhältnis zum gedrungenen Körperbau sind die Beine verhältnismäßig lang und kräftig. Diese machen sie zum geschickten Kletterer. Die Gämskrucken sind etwa 25 Zentimeter lang und drehrund. Sehr begehrt sind die Rückenhaare des Männchens. Denn sie können zum sogenannten Gamsbart gebunden werden, der die Hüte unserer Tracht ziert.

Nachdem Raubtiere wie Luchs, Wolf und Bär bei uns ausgestorben sind, haben die Gämsen keine natürlichen Feinde mehr. Nur der Steinadler schlägt hin und wieder einGamskitz. Gefährlich werden ihnen hauptsächlich herabrollende Steine, Felsstücke, Lawinen und in strengen Wintern auch Futtermangel.

 

Gämse
in den Allgäuer Alpen
AR
Gamsjagd im Mittelalter - Bild aus dem "Theuredank", einem Buch von Kaiser Maximilian I vom 1517
Gamsjagd im Mittelalter - Bild aus dem "Theuredank", einem Buch von Kaiser Maximilian I vom 1517
Gämse in den Allgäuer Alpen
Gämse in den Allgäuer Alpen
Ulrich Rößle