Der Künstler Joseph Anton Fischer (1814-1859)
"Mit hohem Sinne für das Schöne begabt, verstand er es, seine Gestalten auf's Feinste zu idealisieren und in ihnen den tiefsten Frieden seine Gemüthes, die ungetrübte Stimmung, das unwandelbare Vertrauen seiner Seele abzuspiegeln."
Mit diesen einfühlsamen Worten fasste ein mir unbekannter Autor das künstlerische Wirken des Oberstdorfer Künstlers Joseph Anton Fischer zusammen.(1)
Joseph Anton Fischer wurde 1814 im Haus Nr. 271 (heute Weststr. 27) geboren und am 2. März getauft. Ab dem Jahre 1815 lebte er mit seinen Eltern im Haus Nr. 258 (heute Windgasse 1). Sein Vater tauschte im Jahre 1823 mit der Witwe Jäger das Haus Nr. 189 (heute Weststraße 4). Joseph Anton verbrachte nun seine Jugend in diesem Haus.
Als Kind war er in die bäuerlichen Arbeiten im elterlichen Haus eingebunden. Doch er nutze jede freie Minute, griff zum Zeichenstift und zeichnete plastische Vorbilder, Gemälde und Stiche nach. Als Jugendlicher besuchte er an Sonn- und Feiertagen die Zeichenschule des Ignaz Schraudolph, dem Vater der berühmten Brüder Johann, Claudius und Matthias Schraudolph.
Sein außerordentliches Talent bewies er, als er mit 16 Jahren ein Altarblatt eines Seitenaltars der Pfarrkirche perfekt kopierte. Ironie des Schicksals: Der Altar fiel dem "großen Brand" 1865 zum Opfer, doch die Kopie blieb wie durch ein Wunder erhalten und kann heute im Museum besichtigt werden.
1831 sollte Johann Schraudolph Kopien eines Totentanzes von Holbein d.J. anzufertigen. Da er jedoch anderweitig beschäftigt war, musste er den Auftrag ablehnen. Er empfahl seinen jüngeren Bruder Claudius Schraudolph, der nun wiederum seinen Freund Joseph Anton Fischer einband. Beide zogen nach München und übernahmen den Auftrag. Prof. J. Schlotthauer war mit ihrer Arbeit derart zufrieden, dass er sie im gleichen Jahr noch an die Kunstakademie holte.
1832 brach er zusammen mit seinem Freund Claudius Schraudolph zu seiner ersten Italienreise auf. Die beiden sollten im Auftrag des Kronprinzen Maximilian von Bayern italienische Kunst des 14. und 15. Jahrhunderts skizzieren.
Schon 1833 zeichnete Fischer im Auftrag von König Ludwig I. Kartons für Glasfenster in der Münchner Maria-Hilf-Kirche in der Au. Leider wurde diese Glasbilder bei einem Bombenangriff im 2. Weltkrieg zerstört. Nur Bruchstücke (Privatbesitz) und die Kartons der Aquarellentwürfe blieben erhalten und können auf der Homepage des Architekturmuseums der TU München angeschaut werden (siehe Links). Etwa in dieser Zeit begann Fischer sich dem Kunststil der Nazarener zu nähern.
Doch seit früher Jugend hatte Fischer Probleme mit seinem Magen und er litt unter "Blutbrechen". 1839 warf ihn dann eine Magenentzündung todkrank nieder. Doch noch einmal erholte er sich und er konnte 1841 zu seiner 2. Italienreise aufbrechen. Diese führte ihn bis nach Pompeji bei Neapel und ist durch sein Skizzenbuch (im Heimatmuseum Oberstdorf) gut dokumentiert.
1843 startete er zu seiner 3. Italienreise, die über ein Jahr dauerte. Im Nachhinein bezeichnete er diese als die schönste Zeit in seinem Leben. Sein Reisepass und sechs Skizzenbücher (im Heimatmuseum Oberstdorf) machen seine Reise heute noch genau nachvollziehbar.
1844 erteilte König Ludwigs I. ihm den ehrenvollen Auftrag vier der „Bayernfenster“ im Kölner Dom zu entwerfen. Unter der Gesamtleitung seines damaligen Freundes Heinrich Hess, war er für das eigentliche künstlerische Werk, die Kartonkomposition selbst, zuständig. Die Originalfenster sind im Dom zu bewundern(4). Auch die Kartons sind noch vorhanden. Sie wurden später nachgedruckt und in Kunstmappen verkauft. Im gleichen Jahr entwarf er auch vier Kartons für Fenster in der Kilndown-Kirche in Kent (5), England. Diese Arbeiten beschäftigten ihn beinahe vier Jahre.
1848 erlitt er, als er bei einem Freund in Bruneck weilte, wieder einen schweren, beinahe tödlichen Anfall. Seine Magenkrankheit sollte von nun an ein steter und schmerzhafter Begleiter werden.
Kaum einigermaßen genesen wandte er sich wieder der Ölmalerei zu und erstellte u.a. das großformatige Gemälde "Die Grablegung Christi". König Ludwig I. war so begeister, dass er es für 2000 Gulden erstand und es an einem würdigen Platz in der Pinakothek aufhängen ließ. Ein weiterer Großauftrag für ein Altarbild, die Himmelfahrt Mariens, für die Fürstin von Narischkin in Odessa folgte.
Doch dann begann der Absatz seiner Bilder zu stocken. Ohne Auftrag erstellte er in den folgenden Jahren mehrere größere Gemälde, die unverkauft in seinem Atelier standen. Langsam zerrannen auch seine Ersparnisse und die Armut hielt Einzug in seine Wohnung. Verbittert zog sich er sich nun auch aus dem Münchner Gesellschaftsleben zurück. Dies war sicher auch seinem immer schlechter werdende Gesundheitszustand geschuldet.
Doch noch einmal schien sich das Blatt zu wenden. Der Passauer Bischof Heinrich v. Hofstätter, den Fischer vom Studium her kannte, kaufte 1855 drei seiner Bilder für über 6000 Gulden. Von neuer Arbeitsfreude erfasst, vollendete er einige Werke. Nach kurzer Zeit brachen seine Kräfte aber endgültig zusammen und er musste notgedrungen angebotene Aufträge ausschlagen.
Am 20. März 1859 erlag der 45jährige dem "krebsartigen Magenleiden" und er wurde auf dem Münchner Südfriedhof beigesetzt. Folgende ergreifenden Sätze fanden sich in einem Nekrolog, der wenige Tage später in der Kunstzeitschrift "Die Dioskuren" erschien:
"Er folgten ihm Viele zur letzten Ruhestätte, darunter macher, dem sein Inneres sagen mochte, daß er nun zu spät wäre, das gut zu machen, was er dem einfachen, anspruchslosen und kindlich vertrauenden Gemüthe des Künstlers gesündigt hatte. Das Rührendste aber war der Anblick seiner greisen Mutter, ihm unverkennbar ähnlich an den Zügen des Antlitzes, welche auf die Nachricht von seiner gefährlichen Erkrankung hierher geeilt, gleichwohl aber zu spät gekommen war, ihrem geliebten Sohne die Augen zu schließen."
Zu Lebzeiten blieb Fischer leider die persönliche Anerkennung versagt. So wurde er für sein Lebenswerk nie durch eine Professur an der Akademie in München belohnt. Besonders schlimm war, dass seine führende künstlerische Rolle bei den Glasfenstern im Kölner Dom total in Vergessenheit geriet und der Ruhm später alleinig seinem Freund und Mentor Heinrich Hess zugeschrieben wurde. Posthum wollten deshalb wenigstens die Oberstdorfer ihm die Ehre erweisen, die ihm gebührte. Man begann ein "Fischer-Museum" einzurichten. Die Bilder aus seinem Nachlass wurden zusammengetragen und im künftigen Museum gelagert. Doch wieder schlug das Schicksal zu. 1865 wurde alles ein Raub der Flammen. Heute sind deshalb nur noch wenige seiner Werke erhalten. Die meisten befinden sich im Allgäu entweder in privaten Händen oder im Besitz der Museen Oberstdorf, Immenstadt und Weiler.
2009 wurden zu seinem 150. Todestag ein Großteil dieser Bilder und viele seiner Skizzen im Heimatmuseum Oberstdorf und im Kunsthaus Villa Jauss ausgestellt. Eine weitere kleinere Sonderausstellung mit den Ölgemälden aus dem Nachlass von Frau Berta Wirtz fand 2016 im Sonderausstellungsraum des Heimamuseums statt.
Weitere Informationen:
Vater: Joseph Fischer, Bauer, geb. am 7. 12. 1787 in Oberstdorf, gest. am 18. 5. 1838 in Oberstdorf,
Mutter: Agnes, geb. Huber, geb. am 6. l. 1791 in Rubi, gest. am 19.4. 1869 in Oberstdorf.
Joseph und Agnes Fischer haben am 25. 5. 1812 in Oberstdorf geheiratet.
Geschwister (aus dieser, der zweiten Ehe von Vater Joseph Fischer): Franziskus geb. 1813, Maria Afra geb. 1816, Thekla geb. 1817, Franz Paul geb. 1819
Anmerkung:
(1) Nekrolog in "Die Dioskuren", siehe Literatur
(2) Dieses Foto wurde von Michael Ratzek gemacht, in dessen Besitz sich dieses Fragment befindet.
(3) Die Fotos dieser Bilder wurden von Meinhard Kling gemacht, bzw. zur Verfügung gestellt.
(4) Die Themen hießen "Anbetung der Hirten und Könige", "Kreuzabnahme. im Schoß der Mutter", "Sendung des hl.Geistes" und "Steigung des Stepanus". In Google (siehe Links) sind diese unter den anderen gezeigten leicht zu identifizieren.
(5) Vier Fenster mit Gestalten Englischer Könige im Schiff. Auch diese sind unter den BIldern der Kirche leicht herauszufinden (siehe Links). Die drei Fenster im Chor stammen übrigens von Johann v. Schraudolph.
Links
Sonderausstellung J. A. Fischer (extern)