Das Hexenhaus am Faltenbach

Oberstdorf Faltenbach - Blick auf den nördlichen Teil
Oberstdorf Faltenbach - Blick auf den nördlichen Teil
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Vor langer Zeit standen an Faltenbach nur wenig Häuser. Aus einem dieser Häuschen hörte man an ganz bestimmten Abenden im Jahr wunderschöne Musik. Einmal wollte ein neugieriger junger Oberstdorfer sehen, was denn das für Musikanten seien, die dort in der Nacht musizierten und betrat das Häuschen. In der Stube traf er richtig nette Menschen, die den Burschen freundlich begrüßten und einluden, mit ihnen zu musizieren. Einer von ihnen gab ihm sogar eine funkelnagelneue Trompete. Doch der junge Mann meinte freimütig, dass er in seinem ganzen Leben noch nie Trompete gespielt habe. Die Musikanten entgegneten ihm, dass er doch einfach einmal hineinblasen solle. Da versuchte er es doch und zu seiner Überraschung klappte es auf Anhieb. Der Bursche blies mit Begeisterung mit und freut sich wie ein Schneekönig, als die jungen Leute zu seiner Musik tanzten. Wie durch ein Wunder schien alles zusammenzupassen. Er glaubte gar, er sei im Himmel. Als er nun einmal glücklich sein Instrument absetzte, rief er mit glücklich in der Runde: "Jesses, isch des schi!"
Aber mit einem Schlag war alles verschwunden. Er saß total alleine in der leeren Stube und in der Hand hielt er statt der glänzenden Trompete einen räudigen Katzenschwanz. Sein Ausruf mit dem Namen Jesu hatte dem Spuk auf einmal ein Ende bereitet. Dem armen Kerl wurde nun der Kopf ganz schwer. Am liebesten hätte er sich gleich hingelegt, doch todmüde und unendlich traurig wankte er nach Hause. Dort legte sich deprimiert ins Bett und ein paar Tage später erlag er seiner Krankheit.

In dem unheimlichen Haus war von da an Ruhe. Später schlug der Blitz ein und die alten Oberstdorfer erzählten noch lange, dass aus der zusammenstürzenden Ruine ein feuriger Drache herausgeflogen sei. An der Stelle blieb viele Jahre nur ein ausgebranntes schwarzes Loch zurück und Gras ist dort nie wieder gewachsen.

Anm. des Verfassers:
Eigentlich gehört diese Sage zu den Geisterprozessionen, erinnern die Musikanten doch eher an das Nachtvolk. Folgende Ausführungen bei  Behringer (Chonrad Stoeckhlin und die Nachtschar, S. 143/144) haben mich jedoch bewogen, sie trotzdem hier bei den Hexensagen aufzulisten: "Eine der Sagen, bei denen die Nachtvolk-Vorstellung mit ihrer prächtigen Musik eine Rolle spielte, wurde erst jüngst in einer Sagensammlung unter dem Titel "Die Hexenversammlung bei Oberstdorf" nachgedruckt. Diese von Karl Reiser gesammelte Sage ist an einen konkreten Ort geknüpft: "Außerhalb Oberstdorf gegen den Faltenbach zu stand vor Zeiten einschicht ein kleines Häuschen, das nun aber schon längst abgebrochen ist, so daß man jetzt kaum mehr die Stelle erkennen kann, wo es gestanden hatte."  So könnte die Beschreibung von Chonrad Stoeckhlins Haus begonnen haben. Die Häuser von hingerichteten Hexen wurden nicht selten dem Erdboden gleichgemacht. Nichts mehr sollte an ihre Existenz erinnern. Und tatsächlich erging es nicht nur den Häusern so, sondern auch den Vorstellungen."

PS: Die oben genannte Sagensammlung stammt vom Oberstdorfer "Klausenfreund"  Günter Kapfhammer.