Der Enzian - nicht nur eine "Schnapsblume"

Wiese mit Schusternägele am Fellhorn
Ulrich Rößle

Neben Edelweiß und Alpenrose ist der Enzian wohl die "dritte charakteristische Pflanze unserer Berge". Der lateinische Name Gentiana soll von Gentius, König von Illyrien (180 – 168 v. Chr.) abstammen, der die Heilwirkung von Enzianarten entdeckt haben soll. Weltweit gibt es bis 400 Arten, bei uns in den Bergen wachsen etwa 35 Arten. Damit gehört sie zu den artenreichsten Blumen unserer Berge. Natürlich stehen die Enziane alle unter Naturschutz.

Die bekannteste Art ist der blaue "Stängellose Enzian", der gerne als Abbildung bei Geschirr verwendet wird, denn die reine blaue Blütenfarbe steht auch als Symbol für Treue. Obwohl die Flaschen des Enzianschnapses oft vom Bild eines stängellosen Enzians geziert werden, wird er jedoch von der Wurzel des gelben Enzians gewonnen. Enzianbrenner benötigen natürlich eine Sondergenehmigung, um die begehrten Wurzeln zu stechen. Die Wurzeln des gelben Enzians und die der meist anderen hochstängeligen Arten werden schon seit je her zur Herstellung als Arznei verwendet. Wobei sicher auch der bittere Geschmack - Enziane enthalten den Bitterstoff Amarogentin - Grund dafür gibt: Was so bitter schmeckt, muss gesund sein! :-)

Enzianarten:

Der breitblättrige Enzian (Gentiana acaulis) ist wahrscheinlich der bekannteste. Er wird auch stängelloser Enzian, Silikat-Glocken-Enzian oder Kochscher Enzian genannt. An seinem kurzen Stängel wächst nur eine einzelne, azurblaue blaue Glockenblüte, an deren Schlund fünf grünen Flecken gezählt werden können. Sie wächst nur auf gut mit Wasser versorgten Silikatböden im sauren Milieu. Diese kommen bei uns häufig im moorigen Gelände vor. So wächst der breitblättrige Enzian z.B. im Frühjahr nach der Schneeschmelze im Rubinger Sumpf.

Täuschend ähnlich sieht ihm der Clusius-Enzian (Gentiana clusii), der auch Echter Alpenenzian oder Kalk-Glocken-Enzian bezeichnet wird. Bei ihm fehlen jedoch die grünen Flecken, was in noch intensiver wirken lässt. Im Gegensatz zu seinem  Zwillingsbruder wächst er jedoch nur auf magerem und kalkhaltigem Trockenrasen, wie sie beispielsweise an den Hängen über dem Seealpe vorkommen.

Eine kleinere, bei uns recht häufig anzutreffende Variante ist der Frühlingsenzian (Gentiana verna), der bei uns Schusternägele genannt wird. Er wächst häufig in größeren Matten und malt im Frühling die sonnigen Alpenwiesen blau. Eine weitere Blütezeit hat er im Herbst. Er sieht dem bayrischen Enzian (Gentiana bavarica) täuschend ähnlich und ich schätze, dass er bei Nichtbotanikern auch Schusternägele bezeichnet wird.

Der Gelbe Enzian (Gentiana lutea) kann bis zu 150 Zentimeter hoch 60 Jahre alt werden. Seine Hauptwurzel wird bis zu einem Meter lang und 5 Zentimeter dick. Aus ihr wird Schnaps, Magenbitter und Arznei hergestellt. Laut Volksmedizin soll diese gegen Müdigkeit, Untergewicht, Blutarmut und Appetitmangel helfen. Auch eine fiebersenkende Wirkung wird ihr nachgesagt.

Die weiteren Enzianarten, die bei uns vorkommen, sind eher selten. Ich hab für sie keine Beschreibungen angefertigt und lasse nur die Bilder sprechen. Die meisten Namen können in Wikipedia nachgeschlagen werden.

breitblättriger Enzian (Gentiana acaulis) oder stängelloser Enzian,  Silikat-Glocken-Enzian, Kochscher Enzian
breitblättriger Enzian (Gentiana acaulis) oder stängelloser Enzian, Silikat-Glocken-Enzian, Kochscher Enzian
Siegfried Kondziela
Clusius-Enzian (Gentiana clusii), Echter Alpenenzian, Kalk-Glocken-Enzia
Clusius-Enzian (Gentiana clusii), Echter Alpenenzian, Kalk-Glocken-Enzia
Siegfried Kondziela
Gelber Enzian (Gentiana lutea)
Gelber Enzian (Gentiana lutea)
Siegfried Kondziela