Geißbock gewinnt Pferderennen
Vor langen Zeiten waren einmal in Oberstdorf eine Anzahl Bauern im Wirtshaus beisammen. Sie diskutierten über allerlei, und zuletzt kam die Rede auch auf ihre Rosse. Da wußte denn jeder seines nicht genug zu rühmen und über den Schellenkönig zu loben, so daß sie zuletzt gar übereinkamen, sie wollten ein kleines Wettrennen veranstalten. Dies solle von der Schlechtenbrücke an der Stillach ausgehen und sich bis zum unteren Markt erstrecken, und wer Lust hätte, sollte da mitreiten dürfen. Am festgesetzten Tag stellte sich eine Menge Teilnehmer mit ihren Rossen ein; nur einer "war leer gekommen", gebärdete sich aber, als wolle er doch mittun. Als sie nun alle mit ihren Gäulen in Bereitschaft waren und das Rennen jeden Augenblick losgehen sollte, fragten sie den sonderbaren Teilnehmer ohne Roß, was denn mit ihm sei; er müsse sich jetzt doch "namma" auch um einen Gaul umtun, wenn er mitreiten wolle. "O, das habe gar keine Not", erklärte dieser; er werde, wenn es Zeit sei, gleich einen haben. Wie nun das Rennen anhob, schritt er zu dem nahen Gebüsch am Ufer, zog einen Geißbock hervor, setzte sich darauf, und im Nu war er allen weit voraus. Die anderen aber erfaßte Schrecken und Entsetzen, so daß sie das Rennen aufgaben und auseinanderstoben.