Das Kind und die Schlange
Zur Zeit, als Tiefenbach noch nicht vereinödet war, wohnte „im Dorf“ ein Bauer, der eine Magd und ein Kind hatte. Wenn nun die Magd gerade zu arbeiten hatte, setzte sie das Kind in ihrer Nähe hin und dazu eine Schüssel voll „Milch und Brocken“, dass das Kind davon essen könne und zufrieden und still bleibe. Alsbald kam jedes Mal eine Schlange und aß mit, indem sie aus der Schüssel „lappte“. Sie war aber gar nicht böse, und so fürchtete sich das Kind auch nicht vor ihr, wurde vielmehr ganz vertraut damit, und wenn es sah, dass sie immer nur von der Flüssigkeit lappte, schlug sie das Tier nicht selten mit dem Löffel auf den Kopf und rief: „He! du Mock, friß ou Bock, it luddr Mill!“ Die Schlange wurde aber davon nie zornig, und so ließ die Magd beide stets gewähren. Als sie nun später heiratet und man ihr am Hochzeitsmorgen die Zöpfe flocht, kamen die Angehörigen herein und meldeten, es sei eine Schlange draußen vor der Thür und wolle immer herein. Die Braut zeigte sich darob gar nicht erschrocken, sagte vielmehr, man solle sie doch hereinlassen. Da öffnete man, und die Schlange kam herein, hatte ein wundernettes, funkelndes Krönlein auf dem Kopfe, kroch zur Braut hin und ihr auf den „Schoß“, legte in denselben das Krönlein und verschwand wieder.
Die Braut besaß nun das Krönlein zu eigen und war für ihr ganzes Leben reich und glücklich.